You are not the ocean – you are the entire ocean in a drop
Noch nie zuvor war mir so klar wie heute, dass alles Eins und miteinander verbunden ist. In der Yogawelt ist oft davon die Rede, dass wir uns wie ein Tropfen im gesamten Ozean des Seins bewegen. Ich liebe diese Analogie und doch vergesse ich allzu oft, dass alles, was ich tue Auswirkungen auf das Gesamte hat und alles, was andere tun, Auswirkungen auf mich hat. Jeder Einzelne von uns leistet immer einen Beitrag – entweder im positiven oder im negativen Sinn.
Ob wir es uns bewusst machen, oder nicht, so wird aktuell ganz deutlich spürbar, dass all unser Tun, auch auf alles eine Wirkung hat. Und hierbei meine ich nicht zwingend den Corona Virus, der vielleicht eine für uns sichtbare Spitze des Eisbergs ist, sondern unser gesamtes zwischenmenschliches Miteinander, unseren Umgang mit Ressourcen, mit Randgruppen, mit unseren Karrieren, unseren Kindern, fremden Menschen etc. – einfach alles ist betroffen und miteinander verbunden.
Der Mensch ist eine faszinierende Spezies, weil er es wie kaum ein anderes Wesen schafft, negative Impacts seiner Handlungen auszublenden, oder schönzureden. Klar machen viele Menschen viel Gutes und ich möchte das in keiner Weise schmälern, aber wir alle tragen auch im kleinen oder größeren Rahmen dazu bei, dass Ressourcen oder Menschen ausgebeutet werden. Teilweise wissentlich, teilweise auch unbewusst. Hierfür gibt es zig Beispiele.
Was ich im Alltag mache, einfach weils bequem ist
Obwohl ich mich sehr bemühe, meinen Beitrag zu leisten, bin auch ich ein Paradebeispiel für Bequemlichkeit und Genussbefriedigung. Ich liebe beispielsweise Papaya, die definitiv nicht aus Österreich kommt, als Vegetarier esse ich recht oft Soya, für dessen Herstellung bekanntlich einige Regenwälder draufgegangen sind. Ich bestelle haufenweise online Bücher, oder aus reiner Bequemlichkeit und weil mir gerade nach Schuhen und Co ist, bei einem bekannten Onlineriesen. Ich liebe es auch zu verreisen, im Idealfall günstig und mit Direktflug – wie gut das für unsere Umwelt ist, wissen auch alle.
Reflektiere dein Verhalten
Was ich bei all dieser Bequemlichkeit oft und gerne vergesse, also ganz im Sinne meiner Spezies, sind die Auswirkungen solch vermeintlicher Kleinigkeiten auf andere. Ich möchte hier keine Abhandlung darüber halten, wie Gewand (auch jenes von großen Marken) gefertigt wird, oder welchen CO2 Abdruck mein Bestellverhalten hinterlässt, aber ich möchte dazu anregen, sich öfters mal Gedanken zu machen, was die eigene Lebensweise für andere und somit im Sinne von „Alles ist Eins“ für jedes Lebewesen und jede Art bedeutet – vom Mensch, über Tiere, die Natur, das Meer, die Berge, unsere Luft, das Wasser etc.
Unser Umgang miteinander
Auch wie wir mit unserer Umwelt agieren hat große Auswirkungen auf unser Miteinander. Ein für mich besonders einprägsames Ereignis hatte ich vor einiger Zeit in Wien. Ich war gerade im Supermarkt ein paar Kleinigkeiten einkaufen, die ich meiner Freundin als Dankeschön für eine Einladung mitbringen wollte. Ich war gut gelaunt, aber doch etwas gestresst, da ich nicht zu spät kommen wollte. Als ich den Supermarkt verlies, sprach mich ein Mann mittleren Alters an, der, wie mir schien, nicht obdachlos war, aber doch etwas verzweifelt um Geld bat. Er wollte zwei Euro und ich ertappte mich dabei, dass ich sofort, ob der „Dreistigkeit“ mich nach zwei Euro zu fragen, kritisch wurde. Ich kramte also etwas widerwillig in meiner Geldbörse herum und sagte, dass ich keine zwei Euro habe – der Mann sagte darauf hin, „ich nehme auch mehr“. Ich war baff und gab ihm einen Euro. Interessant war für mich rückblickend meine Reaktion, weil mein Deal mit mir so aussah, dass ich jedem Zeitungsverkäufer und jedem, der mich fragt, etwas gebe (und wenn es nur eine Kleinigkeit ist). Ich musste diesem Mann keinen Cent geben, nein, in Wahrheit musste ich ihm gar nichts geben, aber ich wollte es doch, oder? Warum also diese Reaktion? Muss man in einer bestimmten Stimmung sein, um Gutes zu tun, oder müssen die Menschen, die um etwas bitten, den perfekten Zeitpunkt abwarten? Dieses Erlebnis hat noch lange in mir nachgearbeitet und ich habe damit begonnen, meine Einstellung anderen Menschen gegenüber zu überdenken und mich zu fragen, welchen Trigger derlei Bitten, in für mich unpassenden Situationen, bei mir auslösen. Offenbar finde ich es dreist und unmöglich, wenn nach einem bestimmten Betrag gebeten wird – in Zukunft möchte ich aber anders reagieren – zumindest nehme ich mir das intensiv vor.
Warum ich das erzähle?
Weil es ein wunderbares Beispiel dafür ist, wie alles miteinander verwoben ist. Der Mann hatte offenbar eine Notsituation, er hat sich geöffnet, ich war entsetzt und gab widerwillig etwas Geld her. Das Ergebnis war, dass zwar etwas passiert ist, allerdings sicher auf beiden Seiten Unzufriedenheit entstanden ist. Ich habe tatsächlich selten Bargeld bei mir und hätte auch freundlich sagen können, dass ich nachschaue, aber ziemlich sicher nichts mithabe. Ein Blick in seine Augen, eine Verbindung, ein „ich versteh dich und kann mir vorstellen, wie schwer es ist, jemanden um Geld zu bitten“, hätte geholfen, die Situation für uns beide zu einer menschlichen Begegnung zu machen, ohne Scham oder Grübelei, ohne schlechtes Gewissen.
Wie wir wieder mehr miteinander in Verbindung kommen
Man kann es nicht oft genug sagen, aber Denken ist leider selten ein guter Partner, wenn es darum geht, sich in andere hineinzuversetzen und in Verbindung zu kommen. Dein Körper ist ein wunderbares Instrument, um ins Spüren zu kommen – genau genommen hast du ihn dafür. Alles, was in dir ausgelöst wird, ist bereits in dir vorhanden und dein Körper, deine Haltung, deine Mimik drücken bereits aus, wie es dir geht und ob dein Gegenüber einen wunden Punkt getroffen hat. Man spricht hier auch oft von sogenannten Schatten der Persönlichkeit, also jene Punkte, die gerne weggeschoben und unterdrückt werden und die dann in Stresssituationen besonders gerne zum Vorschein kommen. Hierzu zählt auch das Negieren von negativen Auswirkungen, die beispielsweise durch dein Einkaufsverhalten entstehen können.
Mehr Fühlen, statt Denken, bedeutet auch, wieder genauer hinzusehen und sich mit anderen zu verbinden. Ich bin ein großer Fan der Meditation, die du nicht auf einem Kissen sitzend für 20 Minuten machen musst, sondern in dem du versuchst, in allen Situationen so präsent wie möglich zu sein, um dir so deiner Handlungen und der damit verbundenen Auswirkungen bewusst zu werden. Das heißt nicht, dass man bei jedem Papaya Kauf in einen meditativen Zustand kommen muss, aber es wäre schön, wenn man sich bewusst macht, dass diese Papaya eine lange Reise hinter sich hat, mitunter viel CO2 ausgestoßen wurde und ich sie ab und zu und ganz bewusst kaufe und keinesfalls kaputt werden lasse, sondern in vollen Zügen genieße. Klar wäre es besser, gar keine mehr zu kaufen und stattdessen auf heimisches Obst umzusteigen, nie wieder online zu shoppen oder mit dem Flugzeug zu verreisen. Aus eigener Erfahrung weiß ich aber, dass abrupte Schritte meist sehr schwer fallen und Verhalten, so wie es auch nicht von einem auf den anderen Tag entstanden ist, nicht von heute auf morgen verschwindet – vielleicht ist ein erster, bewusster Umgang mit allem, was uns umgibt oder ein less is more Gedanke schon ein erster Schritt in Richtung Veränderung.
Doch unabhängig davon, geht es darum, wieder mit seinen eigenen Gefühlen und so auch mit anderen Menschen mehr in Verbindung zu kommen und einen Beitrag für das große Ganze zu leisten. Für dich und für den Ozean, in dem du dich als Tropfen bewegst.
Befreie dich und komm in deine Kraft.
Deine Sabine
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